Kolumne 38

März - Lehnen wir uns lieber zurück

 

„Als ich 5 Jahre alt war, erzählte mir meine Mutter, dass Glücklichsein der wahre Schlüssel zu einem erfüllten Leben ist. Mit 6 wurde ich schließlich in der Schule gefragt, was ich denn werden möchte, wenn ich mal groß bin. Ich antwortete »glücklich«. Meine Lehrerin meinte, ich hätte die Frage falsch verstanden. Ich wusste aber, sie hatte das Leben falsch verstanden.“

 

John Lennon, britischer Musiker und Komponist, 1940–1980

 

Krokusse fotografiert von einer Gartenfreundin in ihrem Garten.

 

Welche Kraft in unseren Böden steckt, bestätigt sich jedes Jahr aufs Neue, wenn sich auf wundersame Weise, viele zarte Pflanzen gen Himmel strecken nach dem langen Winter. Die frische duftende Erde von feuchter Schwere rieselt einem beim Frühlingsgärtnern durch die Hände. Beim Hineingreifen spürt man Leben und das macht den Garten vor allen Dingen im Frühling so unwiderstehlich.

Die winterlichen Zeiten der sauberen Nägel sind vorbei. Jetzt sieht man den Händen wieder an, was sie tun. Sie werden rissig und voller Kratzer, vor lauter anhaltendem Tatendrang.

 

 

„Um halb sechs kniete ich im Regen und grub und pflanzte.“

 

Uwe Johnson, deutscher Schriftsteller, 1934–1984

 

 

Woraus besteht eigentlich Erde, die es Pflanzen ermöglicht sich von ihrer schönsten Seite zu präsentieren? Böden sind komplexe Gebilde. Die Hauptbestandteile sind mineralischer Natur: Sand, Lehm, Steine etc.

Dazu kommen Wurzeln, Pilze, Algen, Würmer, abgestorbene Pflanzenteile und andere organische Bestandteile sowie Bodenluft und Bodenwasser.

Unsere Pflanzen wachsen also nur dank der Mithilfe von Pilzen, Bakterien und Milliarden von Krabbeltieren. Sie versorgen unsere Pflanzen mit Nahrung. Mykorrhiza-Pilze unterstützen und fördern die Stresstoleranz und stärken die Pflanzen gegenüber Trockenheit und Schädlingen.

Unsere Erde ist die Lebensgrundlage für Fruchtbarkeit, deshalb sollten auch hier möglichst keine Giftstoffe in den Boden gelangen. Für naturnahes Gärtnern bedeutet das, auf sämtliche Pestizide zu verzichten. Sie haben im Garten nichts zu suchen.

Ich schreibe das deshalb so ausdrücklich, weil nach milden Wintern auch viele Schädlinge überleben und in manch einer Schrecksekunde ist man verführt mit der chemischen Keule dagegenzuhalten.

 

Es bringt aber nichts. Es schadet nur.

 

Lehnen wir uns lieber zurück und üben uns in Gelassenheit, wenn unser geliebter Apfelbaum von Wollläusen befallen ist. Die Marienkäfer und die Florfliegenlarven werden es schon richten. Und wenn nicht hilft Spüliwasser. :-)

 

 

In diesem Jahr interessieren mich, neben meiner großen Leidenschaft für Stauden und Gräser, auch Gehölze, die mehr bieten, als sich in Grün zu kleiden.

 

Zum einen überzeugt mich der Liebesperlenstrauch Callicarpa bodinieri Profusion – nicht nur wegen des hübschen Namens.

Die Schönfrucht entwickelt im Spätsommer/Herbst eine Vielzahl von violetten Beeren an ihren Zweigen. Das sieht zauberhaft aus. Diese Beeren bleiben bis lange in den Winter gehend am Strauch erhalten. Sie korrespondieren bestimmt fantastisch mit der Blüte von Verbena bonariensis, dem markanten Eisenkraut. Jedenfalls werde ich es in der Kombi ausprobieren. Im Herbst schmückt sich der Liebesperlenstrauch zudem mit einem nicht zu übersehenden orangeroten Laubkleid.

Die Schönfrucht ist robust und widerstandsfähig gegen Krankheiten und Schädlinge. Ich denke, es ist einen Versuch wert, ihr einen Platz in unserem Garten zu überlassen.

Gesagt. Gekauft.

 

 

Zum anderen hat es mir Bodnant Winterschneeball Dawn - Viburnum x bodnantense Dawn angetan. Im November bildet dieser reizende Zierstrauch rosa Knospen aus. Im April ist dann der duftende Showdown: herrlich nach Vanille duftende Blüten in weiß-rosa. Die Blätter verfärben sich rötlich im Herbst. Wer ihn nicht in einen Garten pflanzen kann, ist mit dem Winterschneeball in Topfkultur auf der Terrasse gut beraten.

Bei uns im Garten wird er in direkter Nachbarschaft zur Hydrangea arborescens Annabelle gepflanzt. Diese Kombi finde ich wegen des späten Blütenaustriebs der Ballhortensie sehr geeignet. Ganz getreu nach dem Motto von Karl Foerster:

 

„Es wird durchgeblüht.“

 

 

„Wähle die Pflanzen, die an den deinem Garten vergleichbaren Standorten in der Natur vorkommen, und der Erfolg für ihr Gedeihen und die Harmonie der Pflanzen dürfte dir sicher sein.“

 

Beth Chatto, britische Gartenkünstlerin, Buchautorin und vieles mehr, 1923–2018

 

 

Vor ein paar Wochen ist mir ein Buch von Axel Hacke in die Hände gefallen, mit dem wunderbaren Titel: „Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte“

 

„Lange Zeit habe ich gedacht, dass in meinem Leben Angst der Motor war, der mich vorantrieb. Das war falsch. Was mich weiterbrachte, war die Sehnsucht nach Heiterkeit. Doch wie kann es uns gelingen, das eigene Dasein nicht nur mit Büchern, Filmen und Musik aufzuheitern, sondern Heiterkeit aus uns selbst zu schöpfen, kurz: ein heiterer Mensch zu werden? Was bedeutet das überhaupt genau?“

 

Und hier seine Überlegungen dazu am Ende seines Buches:

 

„Schwierige Zeiten? Ja. Natürlich. War immer so. Wird nicht anders werden. Sie werden nicht einfacher, die Zeiten, wenn wir unsere Möglichkeiten vergessen ... Das Lächeln, das Freundlichsein, das Bewundern. Das Hinnehmen der Dinge. Den Abstand, die Distanz. Die Verwandlung. Die komische Art, ernst zu sein. Die atmende Leere zu nutzen. Die Lücken in den Zäunen um uns herum zu sehen. Sich selbst zu vergessen. Die Beweglichkeit zu pflegen. Die Leichtigkeit. Milde, Güte, Gleichmut. … Hoffe nicht auf andere. Sondern schau dir selbst das Leben an und beobachte, was es mit dir gemacht hat und weiter macht und was du mit ihm machen willst.“

 

Vielleicht entscheidet man sich dann auch zum Glücklichsein.

Ist auch irgendwie gesünder.

 

 

Herzlichst

Margit Müller-Vorländer